20 Jahre Internationale Akademie und Forum für musikalische Bildung Karlsruhe
Am 8. September 2002 wurde die Internationale Akademie für musikalische Bildung e. V. Karlsruhe von den Professoren Renate Ackermann, Peter Feuchtwanger, Günter Reinhold und Peter-Michael Riehm zusammen mit Eleni Iroidou, Birgit Nerdinger und Bistra Neusatz gegründet. Nach Monaten des Umbaus wurde am 18. Mai 2003 der Unterrichtsbetrieb in der Gablonzer Straße feierlich unter anderem mit Grußworten der ehemaligen Rektorin der Musikhochschule Karlsruhe Prof. Dr. Fany Solter eröffnet. Auf die kommende Zusammenarbeit in der Akademie blickten alle mit gespannter Vorfreude. Jeder der Gründungsprofessoren hatte ein einmaliges pädagogisches Konzept, das sich aufgrund gleicher Zielsetzungen trotz unterschiedlicher Künstlernaturen wunderbar ergänzte. Die Begrüßungsworte Günter Reinholds zu oben erwähnter Eröffnungsmatinee umreißen in Auszügen sehr anschaulich den Impuls dieses idealistischen Vorhabens:
„Seit 10 Jahren versuchten Peter Feuchtwanger und ich eine eigene Schule zu gründen. Vorangegangen waren mehrjährige Erfahrungen, …in denen wir gemeinsam mit den Studenten uns den Fragestellungen und Problemen der Darstellung von Musik auf dem Klavier widmeten. …Eine andere Art der Kooperation entstand zwischen mir und Peter-Michael Riehm. Wir boten an der Musikhochschule ein gemeinsames Seminar mit dem Titel „Analyse-Ästhetik-Interpretation“ an. Hinzu kam, dass einige der von uns Ausgebildeten mit den Arbeitsbedingungen, die sich ihnen boten, nicht recht glücklich waren. Ihnen wird eine Heimstatt geboten, wo sie nach den von uns erarbeiteten Konzepten und Ideen arbeiten können. Die Durchführung einer solchen Neugründung erwies sich jedoch voll von schier unüberwindlichen Schwierigkeiten. …Schließlich war die ganze Infrastruktur zu konzipieren. …Unser Ansatz ist vor allem getragen von der Idee der Kooperation. Wir glauben, dass man in der Beschäftigung mit Kunst - hier mit Musik - der Schwierigkeit und Komplexität des Bereichs am besten durch ein Zusammentreten von vielen Sichtweisen gerecht werden kann. Frei von zeitlichen Vorgaben, die so wenig mit einer künstlerischen Entwicklung kompatibel sind, soll diese Arbeit sein. …Ziel ist die Erkenntnis, dass die Musik ein Bindeglied zum Transzendenten darstellt und so gleichermaßen neben den beiden anderen wesentlichen Bereichen unserer Existenz, der LIEBE und der RELIGIO steht. Mein großer Lehrer Alfred Cortot formulierte es so, dass er es schauderhaft fände, Klavierstunden zu geben, sondern dass er Lektionen in Liebe zur Musik erteilen möchte.“
Peter-Michael Riehm hatte die Gründung unter das Motto einer MENSCHENBILDUNG DURCH MUSIK gestellt. Diese Zielsetzung stand über allen Schwierigkeiten, die der Verein mit seinen organisatorischen Hürden zu überwinden hatte (diese waren 2014 der Anlass, die Vereinsform der Akademie aufzugeben und in ein leichter zu führendes Forum umzuwandeln). Im Jahr 2007 verließ uns Peter-Michael Riehm leider viel zu früh. Sein Tod kam sehr überraschend. Seine ganz im Sinne der Anthroposophie gehaltenen Seminare vermissten wir schmerzlich. Der Verlust schaffte ein stärkeres Bewusstsein für die Zusammenarbeit zwischen Peter Feuchtwanger und Günter Reinhold. Für Peter Feuchtwanger war Günter Reinhold der einzige Kollege, mit dem er dauerhaft zusammenarbeiten konnte. Es war bemerkenswert, dass Peter Feuchtwanger aufgrund seiner unkonventionellen und genialen Herangehensweise zwar nie eine Professur an einer Hochschule inne hatte, sich aber bis zu seinem Tod 2016 der Akademie verpflichtet fühlte. Als Dreh- und Angelpunkt des ganzen Vorhabens holte Günter Reinhold zudem Renate Ackermann mit ins Gründungsboot, um ihre langjährige Erfahrung als Leiterin der Opernschule in Karlsruhe einzubringen. Er animierte ehemalige Studentinnen zur Mitarbeit, lud befreundete Professoren zu Meisterkursen ein, verschönerte die am Anfang kargen Fabrikräume mit eigenem Interieur und scheute keine persönlichen finanziellen Aufwendungen. Nachdem er im Juni dieses Jahres verstorben ist, lag die Auflösung des Forums nahe.
Die pädagogischen und künstlerischen Inhalte leben in der Arbeit jüngerer Generationen weiter. Beispielsweise wird das Analyse-Seminar von Michael Kuen an der Akademie für Wissenschaftliche Fortbildung Karlsruhe weitergeführt. Eine Archivierung des Forum-Nachlasses wird mit wesentlicher Unterstützung durch Alexander Reitenbach auf dieser Homepage aufgebaut. In der Rückschau ist allen Gastdozenten und Schülern, die das Akademie- bzw. Forumleben bereichert haben, zu danken. Über die Jahre hinweg hat sich ein familiärer Geist entwickelt, der bei Veranstaltungen, kleineren Teerunden oder beim „Nachsitzen“ in diversen Lokalen spürbar war. In über 200 Sonderveranstaltungen begegneten sich Menschen unterschiedlichen Alters in den Bereichen Anfängerunterricht, Erwachsenenbildung, Studienvorbereitung sowie Weiterbildung für professionelle Musiker bei Symposien, Werkstattkonzerten, Workshops, Seminaren und Matineen zu verschiedenen Themengebieten. Rückblickend war es eine intensive und erfüllte Zeit. Der Gründungsgedanke der Akademie und des Forums wird somit durch das Archiv bewahrt und in zukünftigen Projekten weiterentwickelt.